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homwico


Premium (Complete), Coburg

Zeugen der Zeit

In der Via San Michele angekommen, haben wir dort unseren Wagen abgestellt. Es ist kurz nach halb acht am Abend, und wir haben noch etliches vor: Einen Bummel mit der Besichtigung der historischen Altstadt, dann ein Abendessen in einer der typischen Pizzerias/Spaghetterias im Ort und als krönenden Abschluss wollen wir die nächtliche Skyline des Ortes auf uns wirken lassen, bevor wir wieder zu unserem Feriendomizil in Marrucheti zurückfahren.
Auf diesem Bild der Blick von der Mauer an der Via San Michele hinüber zu dem Tuffsteinplateau mit der historischen Altstadt, aus dem die Häuser zu wachsen scheinen. Die hier steil ins Tal des Fossa Meleta abfallende Tuffsteinwand ist mit einem stabilen Metallgitter gesichert.
Man erkennt wieder den Glockenturm des Doms von Pitigliano und vorn unter den ausladenden Zweigen des Laubbaums das alte Aquädukt der Medici. Die Arbeiten zu dem aus Tuff bestehenden, sich im südöstlichen Teil des historischen Zentrums befindlichen Bauwerk wurde, wie auch der dahinter sichtbare Palazzo Orsini bereits Mitte des 16. Jahrhundert unter der Familie Orsini (Gian Francesco Orsini) begonnen, jedoch aufgrund der schwierigen topografischen Situation ausgesetzt. Erst in den Jahren 1636 bis 1639 stellten die Medici das Aquädukt fertig. Unter Cosimo II. de‘ Medici mussten die in Pitigliano lebenden Juden 4000 Florentiner Scudi zum Bau beisteuern, um im Ort geduldet zu bleiben. 1 Scudo hatte etwa 3,2 Gramm reinen Goldanteil. Rechnet man jetzt das auf 4000 Münzen hoch, ergibt das einen Goldanteil von 12800 Gramm. Der Materialwert heute beträgt hierfür etwa 669440.- Euro. Kalkuliert man nun noch ein, dass die Kaufkraft im Mittelalter um ein Wesentliches höher war als heute, kommt man nach heutigen Maßstäben auf etwa 2.008.320,00 Euro. Leider gibt meine Quelle nicht an, ob es sich bei der Summe um Gold- oder Silbermünzen handelt. Unterstellt man, dass bei den Scudi statt Gold die gleiche Menge Silber verwendet wurde, ergibt dies, das Silber/Gold Verhältnis ist 1:75, 8926 Euro, bzw. Kaufkraftbereinigt 26778 Euro.
Das waren stolze Summen, welche die Juden jedoch innerhalb von drei Jahren bezahlen konnten.
1639, mit der Fertigstellung des Aquädukts, das für die Pitiglianesi eine wichtige Versorgungslücke schloss, mussten die Einwohner doch bis dorthin ihr Trinkwasser mühsam aus dem Wildbach Meleta nach oben transportieren.
Im Bach Meleta befanden sich 5 Quellen nahe beieinander. Zwei davon, Falsetto und Mezzo wurden für das Bauwerk angezapft. 1638 war das Aquädukt bis zum Burggraben mit Terrakotta-Leitungen fertiggestellt. Um die Wassergräben zu überwinden, baute man schließlich die Bögen bis zu einem heute nicht mehr vorhandenen Platz vor der „Porta di Sopra“. Dort wurde ein Brunnen aufgestellt. Im Folgejahr erweiterte man die Wasserleitungen auf die ganze Stadt, dabei wurde der heute noch existierende Brunnen Fontana delle Sette Cannelle, der von den Orsini bereits im 16. Jahrhundert gebaut wurde, mit in das Leitungssystem integriert, wobei es früher auf dem Platz noch einen zweiten Brunnen gab. Der heute noch vorhandene Sette Cannelle bezieht sein Wasser immer noch über die von der Medici vollendete mittelalterliche Wasserleitung. Von dem ursprünglichen Acquedotto Mediceo sind heute nur noch die beiden großen Bögen aus Tuffstein erhalten. Diese beiden Bögen sind durch einen hohen Pfeiler getrennt, der bis hinab ins Tal reicht. Dreizehn kleinere Bögen entstanden erst im Rahmen von Restaurierungen, die von der Familie Lorena aus der Lothringischen Linie im 18. Jahrhundert durchgeführt wurden. Die Bögen sind verputzt, ich kann nicht sagen, ob dort Tuffstein als Baumaterial verwendet worden ist. Die alte Wasserleitung zieht sich heute über die Via Cavour bis zur Piazza delle Repubblica am Palazzo Orsini.
Zur abendlichen Stunde werfen Mauerpfeiler und das Geländer schon lange Schatten.

Aufgenommen auf der Promenade an der Via San Michele in Pitigliano in der Maremma/Toskana.

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