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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

Überreste von...

Krematorium 5 (gesprengt von der SS gegen 1.00 Uhr Nachts am 26.01.1945)
"Es wurden so viele hineingepresst, wie nur ging. Schwer, sich auch nur vorzustellen, dass in einem so kleinem Raum, so viele Menschen Platz fanden. Derjenige, der nicht hineingehen wollte, wurde wegen Widerstands erschossen oder von Hunden zerfleischt. Im Laufe von einigen Stunden hätten sie aus Luftmangel ersticken können. Dann wurden alle Türen hermetisch verschlossen und durch eine kleine Luke in der Decke Gas hineineingeworfen. Die im Inneren eingesperrten Menschen konnten schon nichts mehr tun. Also schrien sie nur mit bitterlich kläglichen Stimmen. Andere klagten mit Stimmen voll Verzweifelung, noch andere schluchzten krampfhaft und es erhob sich ein grauenvolles Weinen. Etliche sagten das Widduj her oder sie schrien Schma Israel. Alle rissen sich die Haare aus, dass sie so Naiv gewesen waren und erlaubt hatten, sie hierher, hinter diese verschlossenen Türen zu führen. Mit der einzigen Sinneskraft, die nach außen dringen konnte, mit den Stimmen, die bis zum Himmel schrien, stießen sie ihren letzten Protestschrei gegen dieses größte menschliche Unrecht aus, das man vollkommen unschuldigen Menschen nur deswegen antat, um mit einem Schlag ganze Generationen auf diese schreckliche Art umzubringen. Sterbend fielen - wegen des großen Gedränges - die einen auf die anderen, bis ein Haufen von fünf und sechs übereinanderliegender Schichten entstand, der bis zu einem Meter höhe erreichte. Die Mütter erkalteten auf der Erde in sitzender Stellung, ihre Kinder umarmend, und die Männer starben, ihre Frauen umarmend. Ein Teil der Menschen bildete eine formlose Masse. Andere standen in gebeugter Haltung; der untere Teil des Körpers stehend, der obere dagegen - vom Bauch nach oben - in liegender Stellung. Ein Teil der Menschen war unter dem Einfluss des Gases ganz blau angelaufen, andere sahen vollständig frisch aus, als ob sie schliefen. Nicht alle hatten im Bunker Platz gefunden; einen Teil hielt man in einer Holzbaracke bis zum nächsten Morgen um elf Uhr zurück. Am Morgen hörten sie die verzweifelten Stimmen der Vergasten und erkannten sofort, was ihnen selbst bevorstand. Während dieser verfluchten Nacht und eines halben Tages schauten sie allem zu und machten den entsetzlichsten Schmerz durch, den es auf dieser Welt gibt. Wer so etwas nicht erlebt hat, der kann sich auch nicht die geringste Vorstellung darüber machen. Wie ich später erfuhr, befanden sich auch meine Frau und mein Kind in dieser Gruppe. Am Morgen erschien das Sonderkommando, das damals ausschließlich aus Juden bestand und in vier Gruppen geteilt war. Die erste Gruppe ging, nach Anlegen von Gasmasken, in den Bunker und warf von dort die Körper der vergasten heraus. Eine andere Gruppe schleppte die Körper von der Tür bis zu den Schienen, auf denen kleine, rahmenlose Waggons standen. Die nächste Gruppe lud die Körper auf die Waggons - sogenannte Loren - und schob sie bis zu einem Punkt, wo eine riesige, breite und tiefe Grube ausgegraben war, die von allen Seiten mit Klötzen, Balken und ganzen Bäumen ausgelegt war. Man goß Benzin hinein und ein Höllenfeuer schlug heraus. Dort stand die vierte Gruppe und warf die Menschen ins Feuer. Sie brannten bis sie ganz zu Asche geworden waren. Vom ganzen Transport blieb nur ein kleiner Haufen verbrannter Knochen, den man zur Seite warf. Aber selbst dieser kleine Knochenrest fand keine Ruhe. Er wurde aus der Grube geworfen. Er sollte zu Asche werden. An der Oberfläche dieses Platzes pflanzte man, damit auch nicht das kleinste Zeichen menschlichen Lebens übrig bleibe..."
(Aus den Aufzeichnungen des Juden Lejb Langfus, die er illegal im Lager niederschrieb. Sie wurden in der Nähe des Krematoriums 3 vergraben und nach der KZ Befreiung neben den Ruinen gefunden. Heutzutage befinden sich diese Aufzeichnungen im Museumsarchiv)

Commenti 8

  • Urs V58 28/02/2016 17:08

    Hier bleibt eigentlich wirklich nur entsetztes Schweigen ... und doch müssen wir sicherstellen, dass diese Erlebnisse im Gedächtnis der Bevölkerung erhalten bleiben.
    LG Urs
  • Karin.M 24/02/2016 16:56

    Grausam!
    Es ist wirklich sehr schwer einen Kommentar zu schreiben.
    Ich bleibe lieber still.
    LG Karin
  • Joachim Irelandeddie 23/02/2016 22:02

    Das ist nur noch ein Trümmerfeld und die Geschichte dazu geht einem wieder so richtig an die Nieren!

    lg eddie
  • Frank G. P. Selbmann 23/02/2016 19:54

    die von dir zitierten aufzeichnungen und dein foto sprechen eine sprache, zu der mir kein angemessener kommentar mehr einfällt.
    lg franKS
  • Brigitte Specht 23/02/2016 19:50

    ...mit den informativen Texten zu Deinen beeindruckenden Fotos bekomme ich regelrecht eine Gänsehaut!
    L.G.Brigitte
  • Mary.D. 23/02/2016 18:41

    Grauselig.....so zu sterben,wünscht man nicht den ärgsten Feinden......wer immer noch den Holocaust verleumdet,soll man diese Stätte des Grauens mal zeigen!
    LG Mary
  • Sichtweite 23/02/2016 17:59

    Die Aufnahme habe ich mit angeschaut,
    den Text zu lesen habe ich nicht geschafft.
    Gruß
    Jochen
  • Nebelhexe 23/02/2016 17:02

    Eine erschreckend detaillierte Beschreibung über das, was die Menschen erleiden und ertragen mussten.
    Kaum zu glauben das dies Menschen anderen Menschen angetan haben, wo doch jeder einzelne selbst an seinem Leben hängt und wissen müsste, was das bedeutet.
    LG

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