581 5

Torsten Z.


Premium (World), aus der Nähe von Walsrode, Niedersachsen

Dieses Foto...

... habe ich gestern als Farbfoto eingestellt, es bekam durchweg positive Resonanzen.
Es strahlt Ruhe und Zufriedenheit aus, eine alte Dame welche mit ihrem Strickzeug im Garten sitzt, unter dem Sonnenschirm die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühjahrs genießt.
Aber ist es wirklich so positiv wie wir es als Außenstehende wahrnehmen?


Eine fiktive Geschichte:
Ihr Mann ist vor ein paar Monaten verstorben, der Krebs hatte ihn besiegt. Die goldene Hochzeit konnten sie noch feiern, wenn auch allein.
Zwei ihrer Kinder hat diese Frau durch den plötzlichen Kindstod verloren, ihr drittes Kind überlebte.
Der Sohn hat sein Leben lang hart gearbeitet, sechs Jahre vor seiner Pensionierung ist er bei einem Autounfall tödlich verunglückt
Ihre Enkeltochter ist verheiratet, wohnt im Saarland in einem schmucken weißen Reihenhaus. Das deren Mann des Öfteren zu tief in die Flasche schaut weiß die Oma nicht. Auch nicht das er sie schlägt wenn er besoffen ist. Jedes Jahr zu Weihnachten bekommt sie von ihnen eine Karte mit einem Familienfoto und einer kurzen Nachricht was alles im letzten Jahr passiert ist. Das ihre Urenkelin Neurodermitis hat wird nicht berichtet, auch auf dem Foto ist es nicht zu sehen, die Kleidung verdeckt es. Ebenso ist nicht zu sehen das ihr Urenkel straffällig geworden ist und eine Jugendstrafe verbüßen mußte.
Aber woher soll sie es auch wissen, außer der Karte gibt es keinen Kontakt.
Kurz nach dem Tod ihres Mannes ist sie aus dem gemeinsamen Einfamilienhaus ausgezogen. Ihre liebgewonnenen Pflanzen im Garten, ihre Hühner und ihre Erinnerungen an ein langes gemeinsames Leben hat sie im Haus zurückgelassen.
Sie lebt jetzt in einem Pflegeheim, hier wird renoviert, Baumaterial liegt auf dem Rasen und das neue Tor ist nur provisorisch gegen einen „Ausbruch“ gesichert. Ihr Rollator ist auf dem Foto nicht zu sehen, ohne ihn kann sie kein Stück mehr gehen.
Sie hat heute ihren eigentlich unnötigen Sonnenhut aufgesetzt, sie möchte ihn noch einmal tragen.
Wenn es wirklich warm wird und die Sonne sticht – wird sie ihn nicht mehr benötigen. Dort wo sie dann ist, ist es kühl und feucht. Und sie weiß es.


Wie gesagt, eine fiktive Geschichte, welche zeigen soll wie wir als Betrachter eines Fotos uns zu eigenen Interpretationen hinreißen lassen, allein durch die Macht der Darstellung.






Ein Nachmittag im Garten
Ein Nachmittag im Garten
Torsten Z.

Commenti 5

  • ELEIRBAG 05/08/2015 6:41

    ... Deine Gegenüberstellung und Gedanken finde ich gut ...

    Ein gutes "Bild" ist für mich, wenn ich es längere Zeit betrachte, Kopfkino entsteht. Wobei für mich oftmals der festgehaltene Augenblick zählt und nicht ausschließlich die technische Perferktion.

    Ich werde sicher wieder auf Deine Seite schauen, Zeit mitbringen und Deine ART auf mich wirken lassen.

    Guten Morgen wünscht Gabriele
  • UAW 25/04/2015 16:59

    Also erst mal zum Foto selbst. Mir gefällt es in S/W besser, weil sich die Bildaussage für mich auf das Wesentliche reduziert. Einen feinen Moment hast du hier festgehalten. Dieser aber, so zeigt deine Geschichte, gibt uns trotzdem nicht alles preis, was sich dahinter verbirgt. Und gerade diese Kombination aus Wort und Bild lässt uns innehalten und nicht nur einen Augenblick verweilen, sondern länger darüber nachdenken, was wir hier eigentlich betrachtet haben... LG Ute
  • 13. Fee 25/04/2015 14:30

    Nichts ist so wie es scheint...

    Der eine sieht Ruhe und Entspannung, ein anderer sieht Einsamkeit in diesem Bild.

    Ich gehöre zu denen, die eine gewollte Einsamkeit sehen, selbst auferlegt nach einem langen Leben.

    LG
  • LAVA EIKON 25/04/2015 14:30

    Ja, so ist es, lieber Torsten! Wir lassen uns täuschen... und das täglich von dem Moment, in dem wir die Augen öffnen nach dem Schlaf bis zu dem Monent, wo wir sie schließen beim zu Bett gehen.
    Es ist auch manchmal gut, nicht alles zu wissen. Das praktiziere ich dadurch, dass ich kein TV habe.
    Und natürlich male auch ich mir manchmal die Welt schön, denn dass sie das nicht ist, spüre ich, ohne jeden Tag Nachrichten zu sehen.
    Die Natur da draußen ist unverfälscht, die meisten Menschen sind es leider nicht.

    Ich finde deine Geschichte hier klasse! Sie zeigt uns mal wieder, dass wir oft zu oberflächlich sind und nur das sehen, was wir sehen wollen.

    Aber die individuelle Wahrnehmung ist eben auch absolut einzigartig! Jeder Mensch erfährt eine komplett andere Prägung seines Denkens, Handelns und Fühlens. Und das macht das Miteinander mit den Artgenossen erst so richtig spannend, finde ich!

    LG Karo
  • Nickiback 25/04/2015 14:27

    Durchaus denkbar. Zum Glück nur eine Geschichte. Die Frau würde mir sehr leid tun, wäre es real.
    Schreib doch mal ein Buch, an Fantasie mangelt es Dir ja nicht;-)
    Gruss Nicole

Informazioni

Sezione
Cartelle Personen
Visto da 581
Pubblicato
Lingua
Licenza

Exif

Fotocamera X20
Obiettivo ---
Diaframma 3.2
Tempo di esposizione 1/950
Distanza focale 28.4 mm
ISO 100