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Das Leben ist eine sexuell übertragbare Erkrankung, deren Letalitätsrate 100% beträgt

Das Leben ist eine sexuell übertragbare Erkrankung, deren Letalitätsrate 100% beträgt

Commenti 21

  • Georg2020 19/10/2020 22:46

    So, wie versprochen eine (ernste!) Meinung zu diesem Bild.
    Zunächst: die technischen Aspekte werde ich nicht beurteilen, für mich ist dieses Bild in Motiv, s&w und BEA perfekt.
    Zum Motiv: puh, da ich gerade einen Terence Malick - Film ( Ein verborgenes Leben) angeschaut habe, bin ich nun eh schon verstärkt in der Stimmung, die dieses Bild mit sich bringt. Hatte beim ersten Betrachten eine Assoziationsflut mit Inhalten aus Büchern, Musik und Filmen, irgendwo zwischen Kieslowski, Murakami, Peter Hammill und Arvo Pärt. Das mag jetzt sehr widersprüchlich wirken, aber das Bild bietet viel Härte der Realität, wenig Romantik, gleichzeitig ist das Motiv so ungewöhnlich, das man ins Fantasieren gerät, wie es dazu kam. Meine erste Fantasie war ein Streit nach dem Sex zwischen einem Paar im Reihenhaus, er schmeißt im Suff brüllend ihre Sachen aus dem Fenster auf den Parkplatz vor dem Haus, darunter ein Puzzle aus Kindheitstagen (man kann leider - oder zum Glück - nichts vom Puzzlemotiv erkennen), er schmeißt ihre Vergangenheit weg, ihre Träumerei, ihr nicht gelebtes Leben... (eigentlich merke ich gerade, dass es irgendwie auch passend wäre, wenn es hier ein Rollentausch gäbe). Die Frage entsteht, wie es wirklich war. Wahrscheinlich hat jemand einfach die alten Puzzle seiner Kinder zum Altpapiercontainer geschleppt, und das Foto entstand kniend zwischen den Containern (aber dafür liegen zu wenig Glasscherben oder Bierdeckel herum). 
    Man möge sich vorstellen, wie jemand seine Zeitungen zum Container bringt und vor diesen knirschend unter seinen Füßen ein Puzzle aus den eigenen Kindheitstagen vorfindet. In Bruchstücken auf Asphalt. Man könnte also auch Nostalgie und Gedanken weit zurück in ein früheres Leben hineininterpretieren. Insgesamt ist die Stimmung düster oder melancholisch, habe Pärts Spiegel im Spiegel im Ohr und Szenen aus Dekalog Eins / Kieslowski (das liegt aber auch an den Farben).
    Der Titel (den Film, dem dieser Titel entnommen sei, kenn ich nicht): also hier scheint natürlich die Satire durch, endlich Humor. Man will loslachen, aber irgendwie stockt es. Es wird ein Gesamtwerk, der Titel gibt dem eine satirische Seite, obwohl gerade alles noch zum Weinen war. Aber die Satire ist mit Zynismus bestrichen, das ganze Leben eine Krankheit, nach S. Hawking ist es eh Zufall, dass es uns in der Art und Weise als Spezies gibt, und Krankheiten haben durchaus ihren Sinn, der Tod gehört wie die Geburt zum Leben, es ist bei jedem, diese Betrachtungsweise als zynisch oder aber vielleicht nur für eine überspitzte (Über -) Lebens - Erkenntnis zu halten. Jetzt wird der Gesamteindruck also schräger, von Kieslowski zu Kaurismäki, von Enquist zu Murakami, von Dix zu Klee. 
    Ja, man merkt schon, mit mir geht alles durch. Das ist das Bild und sein Titel, bei mir löst es so viel aus, und ich bin mir sicher, andere finden dieses Bild komplett nichtssagend oder einfach nur schön. Aber das ist ja das schöne an Kunst. Jeder Betrachter hat seine eigene Wirklichkeit, und die Wahrnehmung kann sich nur an jedermanns Erleben verknüpfen. 
    Puh.
    Das war lang.
    LG georg
    • Christoph Nitsche 19/10/2020 23:41

      Wow.
      Staune ich stellvertretend für Homo Viator, der seine Wanderung unterbrechen musste, um in den Tiefen seiner Seele einer Frage zu lauschen, auf die er keine Antwort gefunden hat, nämlich wann er zum letzten Mal einem solchen Homo Faber begegnet sei. Selbst Max Frisch wäre nicht in der Lage gewesen, seine Suche erfolgreich zu unterstützen und nur der betagte Krzysztof Zanussi ersinnt sich, ob er nun seine Filmografie doch mit dem "Zycie jako smiertelna choroba przenoszona droga plciowa" 2, bekrönen solle.
      VLG
      Christoph
    • Georg2020 20/10/2020 9:07

      Also, ich habe "Die Spur" gesehen, aber da war Zanussi wohl nur Produzent. Aus Polen kannte ich bisher nur "Kleine Tricks" und vieles eben rund um Kieslowski.
      Homo faber ist halt leider etwas zu konstruiert in seinem Suchen, zu wenig intuitiv oder emotional. 
      Wir können nur das sehen, zu was wir auch bereit sind zu sehen.
      Aber jetzt fällt mein Koffeinspiegel im Blut rapide ab und ich stürze aus der sitzenden Position in die Waagrechte und bleibe hilflos liegen, bis mir Koffein i.v. verabreicht wird....
    • Christoph Nitsche 20/10/2020 9:41

      Die andere Große des Films, Agnieszka Holland...
      Es freut mich zu lesen, dass der Homo Faber sich auf der Suche begeben hat und es bleibt mir zu hoffen, die Behandlung zeige ihre erste Wirkung :)
  • Georg2020 19/10/2020 15:19

    Boah, Volltreffer. Assoziativ gelockerter Kurzfilm... wer hat das Puzzle aus dem Fenster geschmissen, hatten die davor Sex, ist das Leben das Puzzle, oder ist das Puzzle die Vorstellung vom Leben und der Asphalt die Realität?
    Klasse.