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Der Wandervogel

[Landeseigener Friedhof an der Bergstraße, Berlin-Steglitz • 29. März 2023]

Karl Fischer (21.3.1881 Berlin – 13.6.1941 ebenda), Begründer der Wandervogelbewegung (1901)

Fischer nahm 1899 an einer Böhmerwaldfahrt von Hermann Hoffmann teil.
Der Orientalist und ehrenamtliche Stenografielehrer in Steglitz gilt als Begründer der Klassenfahrten.
Diese Reise mit vielen Waldwanderungen weckte in Fischer die Begeisterung für das Gruppenwandern.
Mit 20 Jahren gründete er im Steglitzer Ratskeller den "Wandervogel – Ausschuß für Schülerfahrten e.V.".

Fischer schied bald wegen Querelen aus dem Ausschuss aus. Viele Jahre verbrachte er in China.
Aber aus dem Verein entwickelte sich als Selbstläufer eine deutschlandweite Wanderbewegung.
Es entstanden überall ähnliche "Wanderbünde", und die Wandergruppen nannten sich "Herden".

1907 entstand der größte Bund, der "Wandervogel, Deutscher Bund für Jugendwanderungen".
Er war dezentral in sogenannten Ortsgruppen organisiert. Alkohol und Nikotin waren strikt verboten.
Löblich war die Empfehlung, dass nicht nur Jungs wandern durften, sondern gemischte Herden.
Außerdem sollten Jugendliche aus allen sozialen Schichten teilnehmen, in neutraler Wanderkluft.

Der "1. Freideutsche Jugendtag" 1913 auf dem Hohen Meißner bei Kassel politisierte die Bewegung.
Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt die Bewegung religiöse und nationalistische Züge.
Neben den christlichen Pfadfindern profilierten sich die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädchen.
Das war durchaus im Sinne Fischers, der in der Nazizeit völkische Schriften herausgab.
Dafür versorgte ihn Hitler bis zu seinem Tod mit einem "Ehrensold der HJ".

Andere Impulse, die von der Wandervogelbewegung ausgingen, waren naturistischer bis erotischer Art.
So etablierten sich Erwachsenen- und Familienbünde für das Nacktwandern und die Freikörperkultur.

Commenti 13

  • Dorothee 9 02/04/2023 16:47

    Aus diesem Grund hat das Wort "Wandern" lange Jahre einen trutschigen und spießigen Klang. Heute ist es wieder 'in',  ja, man darf sogar noch das deutsche Wort verwenden. Ob Senior*innen, Familien oder Singles - ob Weitwandern, Berge oder Tagesausflüge: es ist gesund und macht Freude. Bis auf die rücksichtlosen Mountainbiker, die an uns vorbeirasen und ihre Schweißfahnen dabei hinter sich herwehen lassen.
    • Dorothee 9 02/04/2023 18:06

      Richtig und trotz rotem Teppich verlangen sie mehr und mehr und fahren dann trotzdem noch auf unseren Fußwegen, jedenfalls viele. Es gibt Magazine und Artikel "Die schönsten Bergwege für Mountainbiker", ich habe mal reingeblättert, da wurden tatsächlich normale Wanderwege empfohlen mit der kargen Bitte, man möge doch auf die Wandersleute Rücksicht nehmen, ein "kurzer Klingeln würde reichen". Aber es sind ja nicht nur sie, sondern die ganzen anderen Sportarten wie Paraglider, Drachenflug, Wiesenrodeln usw usw kommen dazu. Der moderne Neandertaler.
    • smokeonthewater 02/04/2023 22:45

      Kein Wunder, dass genervte Wanderer Hindernisse wie Äste, und Steine auf solche Wege legen, bis irgendwann mal die Biker genervt sind. Wenn die mit Tempo 80 da runterbrettern, haben die Wanderer kaum eine Chance, angemessen zu reagieren oder ihre Kinder einzusammeln.
    • Dorothee 9 03/04/2023 9:10

      He, das nenne ich mal eine gute Idee!! Dass ich da noch nicht selbst draufgekommen bin...
    • smokeonthewater 03/04/2023 11:12

      Man sollte sich aber nicht dabei erwischen lassen. Denn wenn sich einer den Hals bricht, ist man dran.
  • sabiri 01/04/2023 9:35

    Aha Klassenfahrten. Jetzt weìss ich endlich von wo die herkommen. Eine gute Idee eigentlich. Hat immer Spaß gemacht.
    LG Gerhard
  • ralf mann 01/04/2023 8:04

    Sehr interessanter Text zum Bild ... von der Bewegung hatte ich schon mal gehört, aber nicht so ausführlich. Gruß Ralf
    • smokeonthewater 01/04/2023 13:16

      Gehört haben viele schon davon, ich auch, aber habe mich zuvor auch nicht enger damit befasst. Auf jeden Fall haben wir alle in unserer Schulzeit Klassenfahrten und Wandertage erlebt.
  • anne47 31/03/2023 13:10

    Die Wandervogelbewegung war mal sehr beliebt und wurde leider auch missbraucht für politische Ziele. Meine Brüder waren beim CVJM, meine Schwester bei den Pfadfindern.
    LG Anne
    • smokeonthewater 31/03/2023 20:20

      Beides christliche Jugendbewegungen. Religion ist auch eine Weltanschauung.
      Nach der Wende, noch vor der Wiedervereinigung, fand in Düsseldorf die größte Druckfachmesse der Welt statt, die zu besuchen wir Ossis erstmals Gelegenheit hatten. Da Hotels in der Nähe unerschwinglich und sowieso ausgebucht waren, kamen wir Hochschulassistenten und Professoren (die noch wenige Monate zuvor mit SED-Abzeichen am Revers herumgerannt waren) beim CVJM in Wuppertal unter.
      LG Dieter
  • homwico 31/03/2023 2:03

    War mir bislang nicht bekannt. Schöne Biografie.
    LG homwico
    • smokeonthewater 31/03/2023 20:24

      Und mit einer langen pädagogischen Nachwirkung. Bis heute gehören Klassenfahrten und Wandertage zu den schönsten schulischen Erlebnisveranstaltungen.

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