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#13/2024

Willkommen zu Agora - Bilddiskussion intensiv
Wir freuen uns, dass Du Dich intensiver mit diesem Foto auseinandersetzen möchtest.

Bei Agora liegt der Schwerpunkt auf der Wahrnehmung und Interpretation des Fotos
- NICHT in dessen Bewertung -

~.~.~.~

Diese Leitfragen können Dir dabei helfen, in die Welt des AGORA-Fotos einzutauchen

1. Was nehme ich wahr? (analytisch)
2. Wie interagieren die verschiedenen Elemente im Bild? (analytisch)
3. Welche emotionale Wirkung entfaltet sich bei mir? (emotional)
4. Welche Botschaft, welche Bildaussage, welche Geschichte erkenne ich? (Interpretation)

~.~.~.~


Auf diese Weise erhältst Du die Möglichkeit, ein Foto eingehend zu erforschen und (möglicherweise) faszinierende und neue Aspekte zu entdecken, die Deine Fotografie auf ein neues Level heben können. Gleichzeitig erfahren die Bildautoren, welche anderen Interpretationen des Fotos existieren. Sie entdecken neue Blickwinkel und können so über ihr Foto und dessen Entstehung nachdenken.

*** Wichtig ***
Wir bitten Dich darum, die Anmerkungen auf das Foto zu fokussieren und um Beachtung unserer Gemeinschaftsstandards:
https://www.fotocommunity.de/standards#miteinander

*Kommentare, die nichts zur inhaltlichen Diskussion des Bildes beitragen, Fragen zum Prozess, destruktive, bewertende und/oder verletzende Anmerkungen, werden von den TeilnehmerInnen u. LeserInnen gemeldet und durch die fotocommunity Administration geprüft und ggf. geahndet *

Um Dein eigenes, bisher unveröffentlichtes Bild in Agora zu präsentieren, bitte nutze diesen Link:
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Der Forumsthread zu Agora
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Commenti 56

  • Agora 3.0 - Bildbesprechung intensiv 27/04/2024 7:47

    Per Anhalter 42 schreibt:
    "Vielen Dank an alle Kommentatoren für die Befassung, die Analyse und klugen, emotionalen Gedanken zu dem Bild. Ich habe Euch ein aus meiner Sicht im wahrsten Sinne des Wortes "fragwürdiges" Bild zugemutet. Es hat mich, als ich es auf dem Monitor in voller Größe sah, auch immer gefragt, was ich fühle oder sehe, und meine Antwort war immer eine andere.
     
    Zur Entstehung des Bildes:
     
    Es ist Teil eines Shootings, einer Serie, die ich in einem Hotelzimmer fotografiert habe. Es ging mir bei dem Shooting darum, die Ambivalenz von Nähe, Intimität und Distanz, dieses Ja und Nein, ein Vielleicht zwischen zwei Menschen zu finden. Außerdem wollte ich mit einer sichtbaren Person im Raum, eine andere eher unsichtbare Person (bis auf die Hand, die es in ein paar Bildern des Shooting gibt) im Raum fühlbar machen, um Beziehung zu erzählen. Darauf gekommen bin ich durch Edvard Munch bzw. dem Hören einer Kunstkritik, in der es eben darum ging, dass er den Kritiker am meisten berührt hat, wenn es eine wie auch immer geartete Interaktion gab - durch erkennbare oder angedeutete Personen, ob nun beim Schrei oder Eifersucht.
     
    Das gezeigte Bild war das erste, das ich von der Szene gemacht habe. Die nachfolgenden Bilder sind fotografisch gut oder besser: "technisch perfekt" und dadurch klarer in der Erzählung. Sie trugen für mich die Antwort für den Betrachter abschließender vor. Das wahrlich technisch nicht perfekte Bild machte mich immer irgendwie ratlos - es war für mich zwischen "kann ich ewig anschauen", ich bin berührt und wo genau ist eigentlich der Fokus wirklich (der auf die Härchen bzw. die Haut des Oberarms sollte)? Ich habe hinsichtlich einer Veröffentlichung immer mit mir gerungen, wahscheinlich mit der Angst, dass jemand meinen könne, ich sei ein Knipser - wer mich kennt, weiß, das bin ich nicht, auch wenn der Fokus nicht klar sitzt. Ich fand nach einigen Diskussionen bei Agora (mal aktiv und mal passiv), wen, wenn nicht Euch soll man mal fragen, wie ihr es betrachtet. Herzlichen Dank dafür.
     
    Noch am Rande: Für Josua war es das erste Shooting seines Lebens, unser 2. Treffen. Es braucht immer jemanden vor der Kamera, der sich darauf einlassen kann. Er war kerngesund, auch wenn ich die Assoziationen aufgrund des großen weißen Bereichs im Bild (Kopfkissen) und Körperhaltung gut nachvollziehen kann. So, und jetzt freue ich mich, wieder bei Euch mitreden zu können."
    • Matthias von Schramm 27/04/2024 8:09

      Interessant ist hier, dass die Aspekte Nähe und Distanz von Dir genannt werden und als Bildinhalt benannt werden. Ich bin seit vielen Jahren an der Fortbildung für "Persönliche Assistenz" mit dem Titel "Nähe und Distanz" beteiligt und da geht es um sehr ähnliche Dinge. Nämlich um menschliche Unklarheiten, Diffuses. Braucht jemand Hilfe, will jemand seine Ruhe vor einem haben? Manchmal reicht es auch zu wissen, dass jemand da ist, ohne das er aktiv wird. Insofern, vielen Dank für die Erläuterungen.
    • Eva B. 27/04/2024 8:14

      Vielen Dank für deine Erläuterungen und das Zeigen des Fotos. Auf deiner Seite finde ich die Bilder, die auch bei diesem shooting entstanden sein dürften. Alle sehr gut, aber definitiv nicht so viel Agora-potential wie dieses hier.
      Das Unperfekte in diesem Bild nimmt ihm den Shooting-charakter, lässt es spontan wirken. Das Gefühl, das nicht definierbare Gefühl, ach, ich mag das Bild sehr gerne.
    • Gerd Scheel 27/04/2024 11:09

      Ich habe vom Start des Fotos alle
      Beiträge verfolgt und mir zu den Gedanken,
      Assoziationen, Gefühlen und Geschriebenen
      Gedanken gemacht und freue mich
      über die jetzt erfolgte Erklärung.
      Das Beste, hier großes Kompliment,
      dass du auch noch auf die einzelnen Beiträge eingegangen bist,
      denn dafür lohnte es sich besonders,
      noch einmal alles zu lesen.
       Lieben WE-Gruß
      Gerd.
    • Pik Sibbe 27/04/2024 13:29

      Da kann ich mich dem Gerd nur anschließen, da bleiben auch meinerseits keine Wünsche offen. Danke Dir für all die Rückmeldungen, und mit jeder kann ich auch was anfangen.

      Es geht dem Mann gut! Gott sei Dank! Was habe ich mir schon Gedanken gemacht. Da bin ich jetzt aber erleichtert. Dieser Josua hat es aber auch wirklich drauf. Er wäre (oder ist sogar?) ein Klasse-Schauspieler. Was hat er mir für einen Schrecken eingejagt. 

      Als ich das erste Mal nach dem neuen Bild in Agora schaute, habe ich es gleich wieder weggeklickt. Zu schwere Kost für mich, denn ich sah nur Leid und Elend.

      Dann habe ich es ein 2.Mal angeklickt, um vielleicht doch noch was dazu zu schreiben. Da ich diese Woche Urlaub habe, blieb mir etwas mehr Zeit für die Agora. Hab´s dann wieder nach wenigen Momenten weggeklickt, wegen abermals zu schwer empfundener Kost für mich.

      Gestern Nacht endlich überwand ich mich doch für ein paar Zeilen, da ich nächtens die Dinge etwas entspannter sehe bzw. aufnehme.

      Aber meine Eindrücke gestern Nacht sprechen auch für Dich als Fotografin und Josua als Akteur. Ihr Beide habt das gut gemacht, weil Euer Bild wirklich viel auslöst. Und Euch offenbar gelungen ist, was Ihr Euch vorgenommen hattet.
  • Pik Sibbe 27/04/2024 3:15

    Ich sehe einen sterbenskranken Mann. Dieser Anblick löst bei mir gewisse Todesängste aus, so lange ich das Bild betrachte. Es wird mir klar, dass inzwischen auch in meiner Altersgruppe das Sterben los geht. Es nimmt mich emotional so stark in Anspruch, dass ich es nicht auf die Reihe kriege, artig eine gepflegte Bildbeschreibung zu liefern.

    Die schwermütigen Gedanken während des Anblicks dieses Bildes überlagern in meinem Falle die fotografischen Aspekte wie Bildaufbau, die Interaktion der Bildelemente zueinander im fotografischen Sinne und die rein analytische Wahrnehmung. Deswegen konzentriere ich mich hier eher auf Punkt 3 und 4 der Agora-Tagesordnung bei den Bildbesprechungen.

    Also ich sehe einen sterbenskranken Mann, so um die 60-65 Jahre mag er alt sein. Vielleicht wird er von einer Krebserkrankung dahingerafft. Seine linke Kopfseite ruht auf seinem angewinkelten Arm, der Oberarm frei, tätowiert und recht androgen behaart, der linke Unterarm schlüpft unter irgendein Tuch, Laken oder Schutzbezug.

    Sein rechter, ebenfalls tätowierter Unterarm wird liebevoll und tröstend von einer seiner engsten Angehörigen berührt. Dem kräftigen Ring zufolge könnte es sich zwar um eine männliche Person handeln, möglicherweise seinen Sohn. Dennoch kann ich mich nicht ganz dem Gedanken entziehen, dass es sich vielleicht doch um seine Frau handelt, zusätzlich in einem weißen Kittel gekleidet, welcher möglicherweise als Schutzkleidung auf dieser Station im Hospital vorgeschrieben ist wegen erhöhter Infektgefahr bei den dort liegenden Patienten aufgrund ihres stark geschwächten Immunsystems.

    Es könnte sich aber auch um eine Krankenschwester oder seine Betreuerin auf einer Palliativstation handeln. Denn das Hautbild der Hand mit dem Ring wirkt glatter, jünger als das des Herrn, und feminin auf mich.

    Weiße Tücher und Stoffe rund um den von Kraftlosigkeit gezeichneten Patienten lassen diese sehr intime Aufnahme noch ernster und schwermütiger auf mich wirken, auch aufgrund des beträchtlichen Bildanteils des weißen Kittel rechts, der das hospitale Ambiente im Bild nochmal betont. Und weiße Tücher begleiten einen auch im Sterbefall bis ins Grab. Deswegen diese starken Assoziationen meinerseits.

    Mir drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob es dem kranken Herrn überhaupt recht ist oder gewesen wäre, dass diese Aufnahme hier öffentlich analysiert und diskutiert wird. Möglicherweise ist er inzwischen seinem Leiden erlegen und für die Angehörigen ist das zur Schau und Besprechung gestellte Bild vielleicht eine geeignete Gelegenheit, den Abschied von der geliebten Person etwas zu verlängern, fast schon so ein bisschen wie ein Aufschub, denn man redet hier ja noch über ihn im lebendigen Zustand.
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:59

      Er ist gesund und lebendig. Und natürlich habe ich auch die Bildrechte, um Euch das Bild zu zeigen. 

      Deine Assoziationen und Gedanken sind stark, traurig und bewegend. Aber auch all das, was Du siehst, liegt natürlich im Bild. 

      Ich habe gestern unter einem anderen Bild Anselm Adams zitiert und das gilt hier natürlich auch: im Bild sind immer zwei Personen. Der Fotograf und der Betrachter. 

      Das Leben ist endlich und wenn ich was gelernt habe, dass es auf den Abschied und nicht auf das finale Ende ankommt. Draußen scheint die Sonne … Und schreit nach schönem Leben und positiven Gedanken! 

      Liebe Grüße Anke
    • Pik Sibbe 27/04/2024 13:35

      Danke für die individuelle Rückmeldung. Ja, ich freue mich, dass es Josua gut geht. Aber meine Eindrücke gestern Nacht sprechen auch für Dich als Fotografin und Josua als Akteur. Ihr Beide habt das gut gemacht, weil Euer Bild wirklich viel auslöst. Und Euch offenbar gelungen ist, was Ihr Euch vorgenommen hattet.
    • Per Anhalter 42 28/04/2024 9:36

      Es ist das eine, was die Macher denken, was sie zeigen wollen, und das andere, was andere sehen. Denn auch Eure Sicht oder Euer Blick auf dieses Bild war sehr unterschiedlich. Das freut mich sehr, dass das so unterschiedlich war.
  • Eva B. 25/04/2024 13:54

    Das Bild berührt mich. Bei jedem Betrachten aufs neue. Tropft fast, vor Gefühlen.
    Aber welche?
    Ich sehe eine Person, ein Mann. Er scheint im Bett zu liegen, auf dem Bauch. Den Kopf auf den Armen abgelegt (zumindest den einen Arm sehe ich).
    Ich sehe eine Hand mit Ring, die, wie ich vermute, auf dem Arm des Mannes liegt. 
    Das rechte Eck ist weiß, ich kann nicht sagen, ob es sich hier um Bettwäsche handelt oder um Kleidung.
    Mein erster Gedanke beim ersten Betrachten war, dass der Mann krank ist, schwach. Die Hand zum Trost auf seinem Arm liegt, kraftspendend. Jemand guckt nach ihm, wir es ihm geht. Das Gesicht des Mannes erscheint mir in diesem ersten Moment des Betrachtens müde, erschöpft. Traurig.
    Beim nächsten Betrachten meine ich ein Lächeln zu sehen. Ein schmunzeln. Klein nur. So, wie wenn man geweckt wird um festzustellen, dass man die Person, die einen da weckt, lieb hat.
    Beim nächsten Betrachten frage ich mich, ob ein intimer Moment eingefangen wurde. Die Zigarette danach (ohne Zigarette).
    Beim nächsten Betrachten bin ich wieder beim kranken schwachen Mann.
    Der Moment ist so intensiv. Und doch so uneindeutig. Vielleicht, weil er einfach uneindeutig ist. Zwischen Fotograf*in (ich vermute, dass die Hand Fotograf*in gehört) und dem Mann scheint es eine intensive Verbindung zu geben, der Moment scheint nicht gestellt, spontan. Gefühle zwischen zwei Menschen sind selten eindeutig, fast immer vielschichtig. Das scheint das Bild zu zeigen. Und es holt mich ab, nimmt mich mit, lässt mich an die Vielschichtigkeit der Gefühle zu mir nahe stehenden Menschen (insbesondere des einen Mann-Menschen) denken, an das Wechselbad der Gefühle, das ein Zusammenleben, das übernehmen gemeinsamer Verantwortungen (und kleiner Lebewesen) mit sich bringt.
    Es ist niemals einfach. Es ist nie schwarz oder weiß. Da können alle Gefühle in kürzester Zeit abwechselnd raus tropfen.
    • Clara Hase 26/04/2024 10:43

      Du schreibst, wie ich das auch empfinde. Danke - bin derzeit nicht in Stimmung für lange Texte. Die Hand mit dem dicken Ring - das viele Weiss - evtl ein Schutzhemd um keine Bakterien an die Kranken heranzuführen? Wirkt nicht wie Krankenschwester, sondern eher eine Vertrauensperson. Weiblich - zierliche Fingerknöchel.
      Er matt wie dahingeworfen. Erwachend.

      Was seinen Gesichtsausdruck angeht - ich sehe auch einerseits ein überstandenes Leid, andererseits ein verschmitztes Grienen. Nach dem Motto: ich habs überlebt.
      Seine Arme sind voll von Tatoos.
      Könnte der Titel sein: Glück gehabt?

      PS für eine Krankenstation ist es aber ungewöhnlich, dass der Patient - also Er ohne Rückenfreies Hemdchen da liegt.
      Weitere Tatoos?
    • Matthias von Schramm 26/04/2024 16:49

      Ich glaube, wenn ich genau hinschaue, ist dass was man möglicherweise als Tatoos sehen kann, dass Muster auf der Bettwäsche. Auf dem, was als Arm sichtbar ist, sehe ich eine relativ dichte Behaarung.
    • Eva B. 26/04/2024 20:52

      Der Arm, der unten links im Bild zu sehen ist, dort wo die Hand aufliegt, dort könnte ein Tatto sein.
      Das rechts neben seinem Kopf, was wie ein tätowieren Arm wirkt, halte ich auch eher für Decke/Kissen.
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:18

      Eva hat das sehr gut beschrieben, was auch ich so empfinde. Danke Euch beiden.
  • Il commento e una risposta sono stati nascosti dal proprietario dell'immagine
  • Matthias von Schramm 24/04/2024 12:45

    Behutsamkeit, Wachsamkeit, Zuneigung, vielleicht sogar Zärtlichkeit sind die ersten Begriffe, die mir zum Bild einfallen. Ein Mann schaut, ist müde, krank, oder vielleicht nur fixiert auf die Person, der die Hand mit einem feminin wirkenden Ring auf dem linken Ringfinger gehört. Scheinbar werden Blicke ausgetauscht. Im Spielfilm, vielleicht sogar einer literarischen Verfilmung würde man das so zeigen. In Wirklichkeit aber schaut der Mann in die Kamera (nein macht er nicht). Ist es Inszenierung, oder sieht man gar eine verstorbene Person mit geöffneten Augen? Sehr unwahrscheinlich, der Blick erscheint lebendig kontrolliert.

    Das Bild symbolisiert für mich eine Beziehung zwischen zwei Menschen. Beziehungen können sehr tief und sehr flüchtig sein. Das Foto deutet Tiefe an, die aber in der Realität nicht da sein muss. Die Hand umschließt eine Art Decke (Laken), mit so einem Griff wie man es umgekehrt von Kilroy kennt, einem Graffito aus den 1940er und 1950er Jahren. Rechts ergibt sich ein Dreieck aus weißem Stoff. Entweder auch eine Decke, oder eine linke Schulter einer mit diesem Stoff bekleideten Person. Durch die flachen Grauwerte links mit dem Kopf des Mannes und den knappen Abstufungen der Decke, wirkt das Bild seltsam ruhig - man muss aber genauer hinschauen und ich entdecke meinen Irrtum, den ich zunächst hatte. Der Mann schaut auf die Person (vielleicht eine Frau) und an der Kamera vorbei. Die flachen Grautöne haben mich zu einem Irrtum verleitet. Ich entdecke also etwas im Bild, ich muss also genauer hinschauen. Weil hier so wenig scheinbare Elemente sind, dachte ich zunächst, ich müsste es nicht.

    Die weiße Fläche setzt sich stark vom Rest des Bildes ab, sorgt aber dafür, dass wir grob gesehen vier fast gleich große Bereiche erhalten. Der Fokuspunkt liegt unten links auf der Decke (Laken) oder nirgends, dass irritiert etwas. Rein dramaturgisch hätte ich den Fokuspunkt auf den Augen des Mannes erwartet. So würde ich es im Film erwarten. Die sichtbaren Beziehungselemente sind Hand der ansonsten nicht sichtbaren Person und der Kopf des Mannes, welcher wie alles im Bild stark angeschnitten ist. Nichts ist vollständig, nichts klärt so recht auf. Es ist ein Bild mit einigen Andeutungen und die reichen aber, dass ich sofort an die Begriffe Behutsamkeit, Wachsamkeit, Zuneigung und Zärtlichkeit denke.

    Die vielleicht sehr interessante Story dahinter bleibt so düster wie das Bild. Es bleibt spannend.
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:21

      Danke für Deine interessanten Gedanken. Ich spiele oft mit dem Fokus - fotografiere eine Szene und verlege ihn relativ systematisch auf zwei, drei Punkte, um zu sehen, wie sich das Foto und die Botschaft verändern.

      Ich mag es, wenn alles offen bleibt.
  • framebyframe 24/04/2024 10:52

    Man wünschte sich als Betrachter statt des kleinen Lichtpunktes auf dem Auge des liegenden Kopfes eines Mannes einen Spiegel, denn dann könnte man sehen was da auf den Ruhenden zukommt. Ein weißer Umhang oder ein Kopftuch gibt keine zwingenden Hinweise auf das sich nähernde Etwas. Vielleicht ein Druide.... Nun, da haben wir noch eine linke Hand, eher männlich, mit einem doch dickeren Ring wie man sie in so magischen Kreisen tragen möchte. Also, die Hand ruht ja auch auf dem tätowierten Arm des Liegenden. Der Arm ist angewinkelt und gibt dem Kopf ruhende Stütze. Der Ruhende liegt auf einem Laken. Dies Anordnung suggeriert auch Fläche nach hinten. Im Vertikalen haben wir eben diese helle Fläche, die gut mit dem Gesicht korrespondiert. Die Schärfe geht stetig in Richtung des ruhenden Gesicht. Eine geschickte Lenkung des Betrachters. Spielt hier jemand mit Erwartungshaltungen, die ein solcher Bildaufbau suggerieren mag? Eher nicht. Der Gesichtsausdruck wirkt eher deutlich zu neutral, als dass hier Magisches inszeniert wird. Vielleicht ist ja der nächste Take des Fotos da schon eindeutiger.
  • felixfoto01 23/04/2024 22:13

    Ich sehe im Bild den Kopf eines Manns, der in Richtung der Kamera schaut. Er scheint in einem Bett zu liegen. Sein linker Arm ist unter seinem Kopf, sein rechter Arm wird von einer Hand, die einen dicken Ring am Ringfinger trägt, umfasst. Die Hand am Arm umfasst den Arm locker, ohne besondere Anzeichen von Kraft. Die Hände des Manns sind nicht zu sehen. Auch der Körper des Manns ist nicht zu sehen. Rechts von der Hand mit dem Ring nimmt eine Decke ca. 1/3 bis fast die Hälfte der Bilds ein. Der linke Rand bildet eine Diagonale, die sich von rechts oben nach links unten zieht.
    Der sichtbare Teil des rechten Arms des Mannes scheint tätowiert zu sein.
    Mein Blick geht als erstes zu den Augen des Manns. Ich kann seinen Blick nicht sicher deuten. Mein Blick wandert von dort zur Hand mit dem Ring, dann über das Bild nach oben. Es könnte Satinbettwäsche sein, aber ich kann mich irren. Die Bettdecke erzeugt einen freien Platz im Bild und sorgt für Aufteilung. Der Fokus liegt auf dem rechten Arm des Mannes, man kann sogar die feinen Haare sehen. Die Schärfentiefe ist sehr gering und hat zur Folge, dass der größte Anteil des Bilds in einer körnigen Unschärfe gezeigt wird. Ich nehme an, dass dies als weiterer erzählerischer Effekt genutzt wird, um sowas wie Emotion darzustellen.
    Für mich erzählt dieses Bild nicht eine Geschichte, sondern jede Geschichte, die ich erzählen möchte. Das macht dieses Bild brauchbar, verwendbar. Die Unschärfe, das Schwarzweiß, lässt es jedoch nicht als Stockfoto nutzen.

    Wie wirkt das Bild auf mich? Es verunsichert mich. Ich vermute eine sehr intime Situation. Vielleicht ist in der anderen Hand der Person, die den Arm festhält, die Kamera, aus der das Bild stammt. Warum wird mit so ein intimer Moment gezeigt, was ist die Intention? Ich weiß es nicht und je nach projizierter Geschichte möchte ich es auch nicht wissen.
  • Tiefdunkelblau 23/04/2024 19:48

    Ein Mann, der erkannt hat, wo er angekommen ist. Nur akzeptieren oder sich anfreunden damit? Die Zeit hinterlässt ihre Spuren. Die leichte Unschärfe passt zur einsetzenden Nahsichtschwäche. Die erste Lesehilfe noch beiläufig im Baumarkt mitnehmen, wie einen Eiskratzer im Winter. Die zweite, echte, dann doch mit Qualität beim Optiker anfertigen lassen. Kein Bedauern. Nur einfach mit sich selbst konfrontiert. 
    Das Bild ringt nicht um einen Schönheitspreis, es erzählt mir eine Geschichte. Eine aus dem Leben. Schwarzweiß schenkt mir die notwendige Distanz zur echten Person und ermöglicht mir, die eigenen Gedanken, Empfindungen hineinzulegen. Gefällt mir so.
  • N. Nescio 23/04/2024 0:10

    müde kraft eines ca. 50-jährigen im bett liegenden schwarzhaarigen männerkopfes mit glatt rasiertem gesicht, das ruhe ausstahlt und mich denken läßt, daß der im leben weiß, was er tut und kann. hier aber schaut er ohne starkes interesse zu einer wahrscheinlich vor ihm stehenden person auf, ohne den kopf zu heben. der kopf ruht auf einem arm - den man teilweise sieht und in dem ein paar buchstaben groß mit dünnen linien eingeritzt sind - wenn der zum kopf gehört, dann ists der linke. die nasenspitze weist eine centstück-große hautverfärbung auf. die schläfenhaare dürften leicht angegraut sein.
    kopf und linker arm sind leicht unscharf und relativ dunkel belichtet. trotzdem erkennt man alles wichtige des gesichtes.

    man sieht im vordergrund teile eines armes, der männlich behaart ist und eine hautverfärbung (tattoo?) aufweist. darauf liegt die maximale schärfe des bildes. eine goldberingte linke Hand, von der man 4 Finger sieht, hat den arm umschlossen. es ist  ziemlich sicher nicht die hand des mannes sondern die einer anderen person.
    den rechten bildteil nimmt ein weißes tuch oder hemdteil ein.

    für mich scheint es entscheidend, daß der mann wach zu sein scheint und trotzdem wendet er sich nicht freudig dem vor ihm stehenden besucher zu. zu müde oder zu uninteressiert.

    das weiße tuch rechts läßt mich an ein krankenhaus denken. 

    fantasiegeschichten von spitalsarzt-krankenbettvisite frisch operiert nach motorradunfall wären aus der luft gegriffen, denn durch keine sichtbaren fakten unterstützt.
    könnte auch sein, daß er grad zu hause am sonntagmorgen zu lange geschlafen hat und grad aufwacht und seine freundin ihm grad erzählt, was es zum frühstück geben wird. kann auch sein, daß er sich zufrieden von dern vielen tatoos erholt.
    wäre ich er, ich wollte jetzt kaffee trinken.
    da man nicht weiß, in welcher gegend die beringte person wohnt, kann ich nicht sagen, ob der ring bloßes schmuckstütck, ehering, oder verlobungsring ist, da ringtragen brauchtumsabhängig ist. der ring ist kein einfacher düner goldring, sondern etwas massiver.

    die goldringhandperson dürfte das foto nicht gemacht haben, sondern da ist wsl zusätzlich noch die fotografierende person anwesend, die mit der cam den durchblick zwischen goldhandträger und weißem tuch suchte und die zurückhaltende dunkelunschärfe komponierte.... jedoch ausgeschlossen ist es niciht, daß die goldhandperson mit der rechten hand fotografierte.
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:28

      Ja, er weiß im Leben, was er tut und doch hat er auch das, was wir alle haben - etwas Suchendes. 

      Es ist meine Hand und ich habe zugleich fotografiert, was manchmal nicht so einfach war ;))
  • wittebuxe 22/04/2024 22:36

    Das Bild besteht aus drei Bestanteilen, nämlich einem müde und abgekämpften Gesicht im Halbprofil, abgelegt auf einem Kissen, angeschnitten - das Ohr ist nicht zu sehen. Der Blick wirkt resignativ bis desillusioniert, ein Stück vom nackten Oberarm zeigt eine dunkle Markierung, könnte Bestandteil eines Tattoos sein.

    Des weiteren ist sehr präsent und ein nicht auf gut vorbereitete Fotografie zu schließendes weißes Tuch, das von rechts oben schräg zur Mitte links unten cirka ein gutes Drittel des Formats ausmacht. Es könnte ein Kittel oder ein Hemd sein, dessen Träger den zweiten Teil des Bildinhalts einnimmt, und eine Hand teilweise verdeckt, die den Oberarm des Mannes fest umfasst, der Daumen ist nicht zu sehen.

    Es ist eine linke Hand. Sie könnte ebenso gut einem Freund gehören. Den Ringfinger umreift ein massiver Ring, schmucklos, bloß an seiner oberen Drittelrundung verbreitert und solide. Das Bild ist leicht unterbelichtet, der große Weißanteil spielt hier sicher eine Rolle.

    Im knappen Rest des Bildes ist Bettzeug zu sehen - auf dem der Kopf ruht.

    Obwohl es nicht üblich ist, könnte es sich hier um das Thema Krankheit und Trost handeln, eingefangen in einem schnellen Augenblick.

    Alles Spekulation, alles könnte ganz anders sein, aber das ist des Agoraners Schicksal: dass er nicht weiß, worauf er sich einlässt, dass er rät, dass er damit rechnen muss, dass seine Ansicht keine Bestätigung erfährt durch die Erklärung des Autors. Es bleibt Wehmut zurück.

    Aber: sei's drum!
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:30

      Es war zwar kein im Shooting angelegtes Thema - Krankheit und Tod, aber ich kann den Gedankengang gut nachvollziehen, weil der Bildausschnitt eng ist und das weiß großen Raum einnimmt.
  • keinezeit 22/04/2024 18:26

    Das Bild spiegelt mir sofort Nachdenklichkeit zurück und viele Fragen, die nicht zu
    beantworten sind. Die Mimik des Mannes könnte Traurigkeit ausdrücken, aber auch
    unergründliche Gedanken, die sich mir als Betrachter niemals erschließen. Die auferlegte
    Hand könnte ihm beruhigend oder schützend nach dem aufwachen signalisieren, "Keine Aufregung, alles in Ordnung, schlaf einfach weiter", oder eben auch etwas nicht so banales, ganz anderes emotionales. Ein besonderer Moment. Diese starke Fotografie zündet sofort Lichter beim betrachten an und zieht mich förmlich ins Bild. Zu viele Worte darüber, könnten dem Bild die Kraft nehmen.
  • NikoVS 22/04/2024 18:06

    Zugegeben, es war ich, die den Kontakt abgebrochen hat. Zu lange nicht gemeldet und weit weg versteckt von allen. Wie auf einer Flucht. Vor der eigenen Verantwortung. Aber meine Schwester hat mich gefunden. Mich erreicht. Du musst dich beeilen, es geht zu Ende. Danach ging alles schnell. Auch das Begreifen. Auf dem Weg waren die Gedanken besser als die letzten Jahre. Das Gewissen im Nacken. Jetzt nur schnell zu ihm. Er schlief. Ich zog die Decke leicht zur Seite und ergriff seinen Arm. Ein Blick, ein Lächeln, ein Verzeihen.
  • Sag mal Micha 22/04/2024 17:32

    Ja und nein.
    Welchen Sinn hat Agora, warum veröffentlicht man Fotos, darf man das überhaupt und gerne auch kritische Diskussionsbeiträge...so der Tenor letzte Woche, uff da legst Di nieder.
    Es ist nicht lustig, keine Schönwetterfotografie, wieviele Personen sind nun im Raum ?
    Agora ist kein Quiz, diese Art Fotografie löst bei mir Schmerzempfinden aus, Bettdeckenwegzieher, es sieht nicht gesund aus, riecht nach Medizin.
    Folglich bin ich beim milchschäfer und Erinnerungen an Begebenheiten, Diskussionen mit Krankenhaus- und Pflegepersonal, in denen es darum ging, was Fotografie ausmacht.
    Der Ring und das Glück...hier ist er noch vorhanden.
    Natürlich sehe ich Dinge, die nicht im Bild sind. Das Leben geht aber über den Rahmen einer fc-Fotografie hinaus.
    Diesmal gab es nichts zu lächeln, hoffentlich geht es gut.
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:32

      Fotografie soll über den Rahmen hinausgehen. Freut mich, dass es so war, auch wenn es nichts zu lachen gab.
    • Sag mal Micha 28/04/2024 10:19

      Ich war nicht gekommen, um zu lachen. Eigentlich bin ich auch weder Freund dieser Agora-Veranstaltung noch inszenierter Shootings, hier steckte aber eine Geschichte im Hintergrund, die mich berührte, weil sie nicht üblich ist. Somit "wirkliche" Fotografie, obwohl diese merkwürdige Unterscheidung zu Knipserei von mir nicht unterstützt wird. Ich sehe in der fc Diffamierungen von Fotografie mit Gehalt und Lobpreisungen von Bildern ohne Inhaltswert, die Meinungsunterdrückungen gehen dazu unvermindert weiter, die Regeln verhindern Phantasie, Kreativität, Geist und Freiheit,
      adieu.
    • Per Anhalter 42 28/04/2024 13:50

      Auch wenn ich mich mal gelegentlich über Kommentare ärgere, sei es bei mir oder anderen, so denke ich Folgendes:

      Fotografie ist ein weites Feld und lässt vieles zu. So wie wir manchmal eben die fehlende Toleranz und Offenheit anderer beklagen, sollten wir dennoch nicht den selben Fehler begehen, nur weil wir in manchen Bildern für uns nichts erkennen oder mitnehmen können. Es freut mich deshalb sehr, dass und was Du in meinem Bild gesehen hast.

      Zum Teil wird die fc, das Kommentieren und Loben, die Galerie als Wettbewerb missverstanden und eben durchaus auch (selbst)manipulative Mittel genutzt. Agora halte ich für eine echte Chance. Jedenfalls ist es so für mich. Fotografie ist kein Wettbewerb - kein höher, schneller, weiter. Entweder es ist in mir oder es ist nirgends. 

      Herzliche Grüße Anke
  • Gerhard Körsgen 22/04/2024 15:31

    Ein Foto mit vielen Ambivalenzen, also "sowohl-als-auch`s", animiert mich spontan zum Kommentieren.
    ...
    Ein Mann liegt seitlich und schaut mit leicht verhangenem Blick in die Kamera oder knapp daran vorbei.
    Sein Arm wird gehalten von einer beringten Hand die wohl dem/der Fotografierenden gehört.
    Große Teile der rechten Bildhälfte werden von einer diffus-unscharfen hellen Fläche eingenommen, wobei es sich wahrscheinlich um Bettwäsche handelt, möglicherweise ein Kopfkissen oder Bettlaken oder Plümo.
    Bis auf das oben liegende Auge im Gesicht des Mannes sind alle anderen Bildelemente im Anschnitt gezeigt, sozusagen fragmentiert.
    Dadurch und durch die Platzierung im Bildraum nach Drittel-Regel empfinde ich dieses Auge als das "bestimmende Element" der Aufnahmne.
    Der Blick lässt sich nicht eindeutig kategorisieren, kann verschieden gedeutet werden, sowohl müde als auch gelassen, liebevoll, wohlwollend aber auch skeptisch, vielleicht noch mehr kann man alles darin sehen bzw. sehen wollen.
    Mit Sicherheit könnte ich sagen dass diese Augen weder "lachen" noch "starren".
    Nach meinem Empfinden ist in diesem Blick eine gewisse Innerlichkeit zu spüren, einerseits ein Zulassen des Heranlassens (die Hand auf dem Arm, ein Foto wird gemacht) andererseits kein offensiver Umgang damit, mehr ein "geschehen lassen".
    Da die Hand bewusst mit in die Komposition integriert wurde scheint es dem/der Bildautor*in um die Darstellung einvernehmlicher emotionaler und körperlicher Nähe zu gehen.
    Ob das nun ein alltäglicher oder ganz besonderer Moment zwischen den beiden war läßt sich rein optisch nicht definieren.
    Beim zu Sehenden bleibt ohne Kontext ein weites Feld an Interpretationsmöglichkeiten.
    Mir gefällt die Uneindeutigkeit.
    • Per Anhalter 42 27/04/2024 9:35

      Ich kann auch bei Deinen Gedanken Ja sagen - es wsr komisch: Ich habe das Bild gemacht. Nicht spontan, sondern geplant und überlegt, aber am Monitor habe ich es wie das Bild von jemand anderem gesehen. Es erzählte, was ich wollte und tanzte trotzdem komplett aus der Reihe, von dem was gewollt war. Ich mag es sehr - das Uneindeutige hier.