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Früh am Morgen, wenn die Sonn ...

Früh am Morgen, wenn die Sonn ...

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Prinz von Auerb- und Moosach


Premium (World), aus dem sonnigen WestWing

Früh am Morgen, wenn die Sonn ...


Aus meiner Trilogie

JEDEN MORGEN GEHT DIE SONNE AUF

hier und hoite nun das Oeuvre

FRÜH AM MORGEN, WENN DIE SONN' AUFGEHT

schaute ich mir mein Werk an, das nicht mehr da war. Denn über Nacht hatte ich dem Kirchlein das Dach abgedeckt, Schindel für Schindel, um mal zu sehen, was für arme Seelen sich dort unten rumtreiben. Und was denkt Ihr, was ich vorfand?
Nichts, rein gar nichts und keine einzige arme Seele.
Nicht mal ne Kirchenmaus.
Ich grübelte und horchte lange in mich hinein. Aber da war auch nichts.

Dann hörte ich Gläser klirren. Erst leise, ich senkte mich hinab, auch leise, und es wurde lauter. Es kam von da hinten, nein nicht da, weiter links. Da ging eine Treppe hinab in das Gewölbe, in die Gruft. Und was fand ich da vor?
Die ganze Gemeinde war versammelt, und die Lucy ging ab. Um ein riesiges Faß scharten sich die Frommen und nicht so Frommen, der Pfarrer schenkte ein Glas nach dem anderen aus dem Meßweinfaß aus; er hatte wohl reichlich gelagert und für Not- und Nichtnotzeiten reichlich vorgesorgt.
"Prost!" rief er immer wieder in die Runde, "Prost Pfarrer!" schallte es ihm von allen Seiten zurück. Einer hatte ne Klampfe dabei und stimmte christliche Lieder an, verhalten wurde mitgesungen. Erst als die Lieder unchristlich wurden, tönte es aus vollen Kehlen, nur jeweils kurz zum Schlucken unterbrochen.

Mei, da war was los, ich kann Euch sagen!
Kurz nach Mitternacht, als die Geisterstunde anbrach, wurde es kurz still. Aus den Katakomben kamen die Klosterfrauen, denn es handelte sich um ein ehemaliges Frauenkloster, den Ort verrate ich nicht, auf jeden Fall strömten die Nonnen bzw. was von ihnen übrig war, das waren meist nur Gerippe und ein paar Fetzen des Habits, in die Gruft und mischen sich unter das Volk. Und wer glaubt, daß da nur Klosterfrau Melissengeist getrunken wurde, der liegt mächtig schief. Hoch ging es her, sehr hoch.

Doch als die Glocke eins schlug, war es auf einmal totenstill. Die Nonnen bzw. deren Reste, verschwanden wieder im Dunkel des Katakomben, und auch sonst konnte ich niemanden mehr sehen. Nur das Faß stand traurig alleine in der Gruft herum. Also nahm ich einen Schluck, oh, der Wein war gut, und dann noch einen und noch einen. Dann stieg ich wieder die steinerne Wendeltreppe hoch in das leere Kirchenschiff und dann hoch, versehen mit der Leichtigkeit des Seins.

Dann schoß ich im Mondenlichte dieses Bild, das ihr hier seht, dann verschwand auch ich.

Ruhe senkte sich über Berg und Tal, unendliche Ruhe, nur ein armes Mäuslein huschte über die Steine ...

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