!Macht Religion Liebe?

!Macht Religion Liebe?
Ja und nein! Wenn man die Liebe auf Nächstenliebe reduziert, präsentieren sich alle drei monotheistischen Weltreligionen als große Befürworter. Wenn man jedoch die Sexualität dazu nimmt, warten sie alle drei, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, mit einer ganzen Armada von Tabus, Verboten und Strafen auf. Aber ist diese Frage in unserer liberalen Gesellschaft überhaupt noch von Bedeutung?
Ja. Denn wir erleben weltweit eine Rückkehr der Prüderie, einen Aufmarsch nationalistischer, radikalreligiöser Kräfte. Der Ursprung davon, nicht der Auslöser, zumindest in der Welt der monotheistischen Religionen, liegt in der Bibel. Auf den ersten Seiten des Alten Testaments erfahren wir etwas über eine „Sintflut“. Es liest sich wie die Geschichte einer Naturkatastrophe, bei der, bis auf wenige Auserwählte, alle Menschen sterben. Diese Naturkatastrophe wird als Strafe Gottes für die Sündhaftigkeit der Menschen verkauft. Wenn man den Text genauer anschaut, entdeckt man, dass diese Sünde in nichts weiter bestand als in der Liebe, im sexuellen Begehren und in der Toleranz unterschiedlicher Ethnien und Religionen über ihre ethnischen, religiösen Grenzen hinaus. Toleranz wurde mit der Vernichtung der gesamten Menschheit bestraft. Das, was wir heute pluralistische Gesellschaft nennen, gab es schon im Altertum. Sobald sich größere Machtzentren bildeten, in denen unterschiedliche Ethnien und Religionen in einer Gesellschaft zusammen lebten, führte kein Weg an gegenseitiger Toleranz vorbei. Aus dieser
Toleranz entwickelten sich Verständnis, Respekt und Liebe, immer wieder angefeuert von
sexuellem Begehren. Das aber wurde im Alten Testament als „Hurerei mit fremden Göttern“ bezeichnet und immer wieder mit Vernichtung, ja mit Völkermord bestraft.
Dieses kompromisslose Beharren auf ethnischer, religiöser, rassischer oder nationaler Reinheit finden wir bis zum heutigen Tag: Beim IS, bei Neonazis, im Krieg zwischen den Sunniten und Schiiten, in Myanmar im Kampf der Buddhisten gegen die Moslems usw.

Uwe Frießner und Mario Lotzin haben sich auf eine Spurensuche in der Bibel begeben. Indramatischen, erotischen Bildern zeigen sie, wie aus der Düsternis der religiösen Orthodoxie immer wieder der Wille zu sexueller Selbstbestimmung bricht: Die Geschichte der Menschheit beginnt in der Bibel mit einem Tabu, einem sexuellen Tabu: Dem Verbot, vom Baum der „Erkenntnis“ zu essen, ein Begriff, der in der Bibel
immer wieder als Synonym für Geschlechtsverkehr benutzt wird. Es ist nicht Adam, der gegen dieses Tabu rebelliert, sondern EVA, die grandioseste Figur der Bibel, die mit ihrem Ungehorsam menschliches Leben erst möglich gemacht hat. Dafür wird sie bestraft. Nicht mit dem Tod, sondern mit der Unterwerfung unter ihren Mann, Adam, dem kleinmütigen Feigling. Diese widersinnige Unterwerfung prägt das menschliche Leben bis zum heutigen Tag, wenn auch, je nach Land, mit unterschiedlicher Gewichtung. Gott setzt auf physische Stärke und zwielichtige Charaktere, die ihm die Durchsetzung seiner Macht garantieren, wie Kain, den Mörder, den niemand für seinen Brudermord zur Rechenschaft ziehen darf, denn er ist der Garant der Zukunft. Noah, der von der Arche aus darüber wacht, dass keiner der sündigen Menschen dem Tod entrinnt, wie man heute im Mittelmeer tausende Menschen ertrinken lässt, Abraham, der, aus Angst vor dem König, diesem seine Frau Sara überlassen will, der seinen ersten, mit seiner Magd Hagar gezeugten, Sohn Ismael dem Verdursten in der Wüste preisgibt, um der Eifersucht seiner Frau zu entgehen. Ebenso ist er ohne Zögern bereit, seinen zweiten Sohn Isaak zu opfern, wie ein Schlachttier, wenn es Gott befielt. Dann David, der sympathische jugendliche Held im Kampf gegen Unterdrückung, der zum rücksichtslosen Machtmenschen, Vergewaltiger und Mörder wird. Alles spannende Charaktere wie aus einem Shakespeare-Drama. Aber im Schatten dieser Männer entdeckt man bei genauem Hinsehen Frauengestalten, die mit ihrem Mut und ihrer Tatkraft das Überleben garantieren. Von Eva haben wir schon gehört. Dann ist es natürlich die hochmütige Magd Hagar, die dafür sorgt, dass Ismael überlebt und daraus später ein großes Volk wird, nämlich das der Araber. Ebenso die schöne, junge Batseba, die von David geraubt, vergewaltigt, und nachdem David ihren Mann ermordet hat, zu seiner siebenten Frau gemacht wird. Sie erobert sich im Harem Davids die Spitzenposition und platziert das Kind, das sie von David empfängt, als Thronfolger. Es ist der berühmte Salomo, der wiederum für seine Liebe zu ausländischen Frauen bestraft wird. Dann Judith, die das jüdische Volk, das von der Armee des Holofernes bedroht wird, dadurch rettet, dass sie Holofernes in seinem Zelt besucht, ihn mit ihren erotischen Reizen betört, einige lustvolle Nächte mit ihm verbringt, um ihn dann eines Nachts abzuschlachten. Die aus unserer Sicht geradezu komödiantische Variante des Geschlechterkampfes in der Bibel beschreibt der Prophet Hesekiel. Er beschimpft, verflucht die unbändige Lüsternheit der Frauen, wobei die Pikanterie darin besteht, dass es seine eigenen Frauen sind, denen er offenbar sexuell nicht gewachsen ist. Und nicht zuletzt sollte man wissen, dass alle männlichen Protagonisten des Alten Testaments mehrere, z.T. sogar viele Frauen hatten. Im Neuen Testament ist es Maria, die schon in den Evangelien mit der Unterstellung einer jungfräulichen Schwangerschaft endgültig zum entsexualisierten, lustfreien Idealbild der Frau wird, hoch gepriesen in der Katholischen Kirche und im
Islam. Dabei lügt die Kirche frech. Sie erschafft mit der Pieta, der verzweifelten Mutter, die den toten Christus auf ihrem Schoß hält, eine Kitsch Ikonografie, die in den Evangelien gar nicht vor kommt. Jesus hat sich von seiner Mutter stets
distanziert. Maria war nie am Grab. Es war immer Maria Magdalena, die starke Frauengestalt des Neuen Testaments, die ausgerechnet von Marias Sohn Jesus auserwählt wurde,
der von einer Jungfräulichkeit seiner Mutter nichts wusste, seinen richtigen Vater nicht kannte und als Kind, als uneheliches Kind, wahrscheinlich oft als Bastard beschimpft wurde. Nicht verwunderlich, dass er, der Geächtet, die ehemalige Prostituierte Maria Magdalena zu einer seiner Jüngerinnen und zwar in herausragender Position machte. Sie salbte ihn vor seinem Tod. Sie machte Jesus zu Christus, was, übersetzt, nichts weiter heißt als „Der Gesalbte“ und die herausragende Position eines religiösen oder weltlichen Anführers bedeutet. Jesus äußerte sich eindeutig zum Thema Sexualität, und zwar zu freier Sexualität. Er verbot den Ehebruch, aber mit einer Einschränkung: „es sei denn um der Hurerei willen“. Er verteidigte die Hurerei mit zwei berühmt gewordenen Sätzen: „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ und bezüglich Maria Magdalenas: „Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebt.“
Die Ausstellung „!MACHT RELIGION LIEBE? mit 70 Fotoarbeiten zeigt – unterstützt von
Bibelzitaten - Fotos zum Thema Religion und Sexualität von der Schöpfungsgeschichte, über einige Urväter und Propheten, Christus im Neuen
Testament, den asketischen Entgleisungen des Mönchstums und der Bigotterie im Zölibat, bis zum Kindesmissbrauch in der Kirche bei gleichzeitigem Verbot der Homosexualität. Das alles unter Vorherrschaft des Mannes.
Und sie endet mit der Frage: Wäre eine Herrschaft der Frauen besser?

Vernissage 30.08.2019 18 Uhr
Finissage 05.10.2019 12 Uhr

Museum für Fotografie Görlitz
Löbauer Str. 7
02826 Görlitz
KOSTENLOSER EINTRITT !

Öffnungszeiten: Di-So 12 bis 16 Uhr
Die Fotografen laden ein zum Künstlergespräch am
31.08.2019 12 bis 16 Uhr
01.09.2019 12 bis 16 Uhr
29.09.2019 12 bis 16 Uhr

Wir würden uns über Euren Besuch sehr freuen

Wer möchte kann sich auch in den FC Kalender eintragen: https://www.fotocommunity.de/calendar/fc-Ausstellung/Goerlitz-2019-08-30-60665

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