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Heute vor 73 Jahren...

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

Heute vor 73 Jahren...

Heute vor 73 Jahren…
16.04.1947
Doch im Herbst 1945 kamen die Abteilungen zur Aufklärung von Kriegsverbrechen der 21. Army Group und der britische Geheimdienst Rudolf Höß auf die Spur. Nach der Befreiung Bergen-Belsens konnten sich die Briten zum ersten Mal ein genaueres Bild von Höß´ Vergangenheit machen. Die systematische Befragung der Überlebenden enthüllte Zahlreiche neue Fakten; viele berichteten erschüttert über ihre Erlebnisse in einem anderen Lager in Oberschlesien – Auschwitz. Nun beschlossen die Briten, den Kommandanten jenes Todeslagers zur Strecke zu bringen. Wie der Geheimdienst wusste, bekam man die Täter am ehesten zu fassen, wenn man sich auf ihre Familien konzentrierte. Auch wenn sie eine andere Identität angenommen oder sich gar ins Ausland abgesetzt hatten, so hielten sie doch meist Kontakt zu ihren Frauen und Kindern, und diese waren in der Regel leichter aufzuspüren. So verhielt es sich auch mit Hedwig Höß und ihren Söhnen. Nachdem der britische Geheimdienst die Familie in einem sechs Kilometer von Belsen entfernten Dorf ausfindig gemacht hatte, stellte er sie sofort unter Beobachtung. Am 08. März 1946 wurde Frau Höß verhaftet und einige Tage lang verhört. Man fragte sie immer wieder nach dem Aufenthaltsort ihres Mannes, doch ihre Antwort war stets: „Er ist tot“. Schließlich stellten die Nachrichtenoffiziere ihr eine Falle: Da hinter dem Gefängnis eine Bahnlinie verlief, sorgte man dafür, dass in Hörweite ihrer Zelle eine Lok rangierte. Hauptmann William „Victor“ Cross, ein Kommandeur der britischen Militärpolizei, berichtet: „Dann sagten wir Frau Höß, dass ihre drei Söhne mit dem Zug nach Sibirien gebracht würden, wenn sie uns nicht den Aufenthaltsort und die Decknamen ihres Mannes verriete. Wenn sie sich weigerte zu kooperieren, hätte sie genau zwei Minuten Zeit, um sich von ihren Söhnen zu verabschieden … Dann gaben wir ihr Papier und Bleistift und ließen sie etwa zehn Minuten allein. Zum Glück funktionierte der Trick; sie schrieb uns alle gewünschten Informationen auf und wurde mit ihren Söhnen freigelassen“
Frau Höß verriet den Briten, dass sich ihr Mann auf einem Bauernhof in Gottrupel in der Nähe von Flensburg versteckt hielt. Die Nachrichtenoffiziere brachen sofort nach Norddeutschland auf, kontaktierten die britische Militärpolizei vor Ort und trafen am Montag den 11. März, um 23 Uhr auf dem Hof ein. Sie überraschten Höß im Schlafanzug auf einer Liege in einem Wirtschaftsgebäude, das auch als Schlachthaus diente. Ein britischer Militärarzt öffnete Höß gewaltsam den Mund, um nach einer Giftkapsel zu suchen – sie alle wussten, dass es Himmler im Vorjahr gelungen war, sich auf diese Weise umzubringen. Ein Feldwebel schlug Höß viermal ins Gesicht, bis dieser seine Identität preisgab; dann zerrte man ihn auf eine der Schlachtbänke: „Die Schläge und Schreie nahmen kein Ende“, berichtete einer der anwesenden britischen Soldaten später. Schließlich brüllte der Militärarzt Hauptmann Cross an: „Pfeifen Sie sie zurück, wenn sie ihn lebend hier rausbringen wollen!“ Daraufhin legten sie Höß eine Decke um, schleiften ihn zu einem Wagen und brachten ihn zum Hauptquartier der Militärpolizei in Heide.
Als sie in den frühen Morgenstunden dort eintrafen, schneite es, doch sie zwangen Höß, nackt über den Kasernenhof zu seiner Zelle zu gehen. Man hielt ihn drei Tage lang wach – die Soldaten hatten Anweisungen, ihn mit Axtstielen zu bearbeiten, sobald er einnickte. Höß sagte später aus, man habe ihn auch mit seiner Reitpeitsche geschlagen. Am 14. März unterzeichnete er schließlich ein achtseitiges Geständnis.
Aufgrund der Misshandlungen, denen Höß unmittelbar nach seiner Festnahme ausgesetzt war, ziehen Holocaust-Leugner die Glaubwürdigkeit seines Geständnisses in Zweifel. Doch selbst wenn Höß´ erste Aussage unter Druck zustande gekommen sein sollte, so waren es alle weiteren erwiesenermaßen nicht: Es gibt keinerlei Belege dafür, dass er während seiner übrigen Haftzeit oder späterer Verhöre misshandelt wurde – sei es in „Tomato“ (der Deckname für das Kriegsverbrechergefängnis in der Simeons-Kaserne), in Nürnberg oder im Laufe seines Prozesses in Polen. Weder in seiner Autobiographie, die er während seiner Inhaftierung verfasste (und in der er sich bei seinen Bewachern sogar ausdrücklich dafür bedankte, seine Lebensgeschichte niederschreiben zu dürfen), noch im Zeugenstand vor einem ordentlichen Gericht widerrief er sein ursprüngliches Geständnis, obwohl er sich sicher genug fühlte, um von den Misshandlungen der britischen Soldaten zu berichten.
Im April 1947 kehrte Rudolf Höß nach Auschwitz zurück, in dasselbe Gebäude, in dem er einst gearbeitet hatte. Doch diesmal saß er nicht hinter seinem Schreibtisch in seinem Büro im ersten Stock, sondern in einer Gefängniszelle im Keller. Man hielt es nur für angemessen, den Mann, der den Tod von über einer Million Menschen zu verantworten hatte, am Ort seines Verbrechens hinzurichten. Doch am Tag der geplanten Vollstreckung kam es zu unvorhergesehenen Entwicklungen. Einige tausend Menschen, darunter ehemalige Lagerinsassen, hatten sich am Zaun vor der Hinrichtungsstätte versammelt, um dem Ereignis beizuwohnen. Allmählich heizte sich die Atmosphäre jedoch auf, und die Menge begann gegen den Holzzaun zu drücken. Der ehemalige Häftling Stanislaw Hantz, der die Vorgänge beobachtete und Gesprächsfetzen aufschnappte, hatte den Eindruck, „dass sie Höß am liebsten gelyncht hätten“. Was würden die Wachposten unternehmen, wenn die Leute vorpreschten? Würden sie schießen? Als sich die Lage weiter zuspitzte, beschloss man, Höß nicht aus seiner Zelle zu holen, sondern die Situation mit Hilfe einer List zu entschärfen: Man zog die Wachposten ab. Dann verließ ein Wagen, von einer Militäreskorte begleitet, das Gelände, so dass man Höß in ihm vermuten musste. Aber er wurde nicht fortgebracht; Höß blieb über Nacht in seiner Zelle und wurde am nächsten Morgen zur Hinrichtungsstätte geführt, wo ihn nur eine Handvoll Menschen erwarteten. „Als ich ihn die Stufen zum Galgen hinaufgehen sah, dachte ich, dass er als überzeugter Nazi noch ein paar markige Worte sagen würde“, erzählte Stanislaw Hantz, einer der wenigen Zeugen der Hinrichtung. „Ich glaubte, er würde sich zu den nationalsozialistischen Idealen bekennen, für die er in den Tod ging. Aber nein. Er sagte kein Wort“…

Rudolf Höß wurde am 02.04.1947 in Warschau zum Tod verurteilt, seine Hinrichtung fand am besagten 16.04.1947 im Konzentrationslager Auschwitz statt…
Der auf dem Foto zu sehende Galgen ist der besagte Galgen… Er wurde eigens für Rudolf Höss errichtet und befindet sich hinter Krematorium I …

(Quelle: Auschwitz – Geschichte eines Verbrechens von Laurence Rees)

Mehr:
http://www.fotocommunity.de/user_photos/1694560?sort=new&folder_id=671134



Commenti 4

  • Rumtreibär 17/04/2020 10:59

    starke Erinnerung - bestens dokumentiert in wort und Bild
    Gruß Dieter
  • Urs V58 16/04/2020 22:52

    Wer Hass sät, erntet Hass. Dieses Sprichwort kommt mir in den Sinn, wenn ich die Umstände seiner Verhaftung und Hinrichtung lese. Das Unrecht konnte trotzdem nicht ungeschehen gemacht werden ... Danke für diese aufschlussreiche Dokumentation.
    LG Urs
  • road-flyer 16/04/2020 21:41

    Ein dunkles Bild, dessen Düsterheit man erst nachvollziehen kann, wenn man die gesamte Geschichte gelesen hat. Krieg ist grausam - auf jeder Seite. Das, was jedoch in den KZ's passierte, ist unbeschreiblich. LG Günter
  • Joachim Irelandeddie 16/04/2020 16:33

    Seine ausführliche Geschichte die du hier niedergeschrieben hast. Die Methoden die zu seiner Ergreifung und schließlich auch zu seinem Geständnis geführt haben, sind aus heutiger Sicht natürlich auch nicht in Ordnung, aber irgendwie auch nachvollziehbar. Seine grausamen Taten wurden damit aber auch nicht ungeschehen gemacht

    lg eddie...und bleibt gesund