Kobold4444


Premium (Pro), Duisburg

Erweiterung zum Himmel

Wer bei einem Besuch in Rom die Kirche Sant’ Ignazio besichtigt, sollte sich zuerst den Marmorboden anschauen und den Kreis in der Mitte des Mittelschiffs suchen. Wenn er sich dann auf diesen Kreis stellt und den Kopf langsam nach oben richtet, kann er den Himmel offen sehen.

Die Wände der Kirche wachsen in den Himmel und öffnen sich in Sphären, gefüllt mit Menschen und Engeln.

Gut, es handelt sich nur um ein Deckengemälde. Davon gibt es Hunderte. Dieses Fresko aber durchstößt die Decke und verdoppelt die Höhe der Kirche. Wobei man nicht wüsste, wo und wie genau dort ein Maßband anzulegen wäre. Das Deckenfresko von Sant’ Ignazio gilt als eines der kühnsten Werke illusionistischer Malerei.

Nach einer Weile, zumal wenn der Besucher ein paar Schritte zur Seite tritt, ahnt er, wo das dreidimensionale Bauwerk in das zweidimensionale Gemälde übergeht. Ganz leicht ist das dennoch nicht.

Geschaffen wurden diese Dimensionen im Jahr 1685 von dem italienischen Jesuiten und Maler Andrea Pozzo. Anlässlich der Heiligsprechung des Ignatius von Loyola im Jahr 1622 wurde von 1626–85 die Kirche Sant’ Ignazio gebaut. Mit 81 Metern Länge und 44 Metern Breite ist sie die zweitgrößte Jesuitenkirche Roms. Der Ordensgründer selber liegt in der größten Kirche des Ordens, in „Il Gesù“, begraben.
Pozzo hat die tatsächlich vorhandene Architektur malerisch durch ein Dachgeschoss (Attika) erweitert. Von unten aus kann der Betrachter nicht sagen, wo das tatsächliche Mauerwerk endet und die Malerei beginnt. Irgendwo dort berühren sich Erde und Himmel, geht die diesseitige Dimension nahtlos über in die jenseitige. Gläubigen Christen, zumal katholischen, ist das durchaus vertraut. Sind doch beide „Welten“ nicht getrennt, sondern verbunden über die Gemeinschaft der Heiligen. In den beiden „Welten“ lebt das eine Volk Gottes.

Hier noch weitere Fotos von mir:

optische Täuschung
optische Täuschung
Kobold4444

Scheinkuppel
Scheinkuppel
Kobold4444

Commenti 3